Dominikanerkloser Prenzlau




Die hier vorliegende Handschrift enthält Gesänge für das nächtliche Stundengebet im Kloster (die Matutin), darunter auch ein Offizium für die heilige Katharina von Alexandria, eine der meistverehrten Heiligen des Mittelalters. Sie zählt als Märtyrerin zu den Virgines capitales, den vier großen heiligen Jungfrauen. Die Musiknotation ist eine Form der sogenannten Hufnagelnotation, die im deutschsprachigen Raum zwischen 13. und 15. Jahrhundert sehr gebräuchlich war. Da es nicht ausgeschlossen ist, dass die Handschrift aus dem am Rande der Stadt gelegenen Nonnenkloster stammt, das zeitweise der Regel der Zisterzienser folgte, schließen wir das „Salve regina“ an, das in Zinsterzienserinnenklöstern besonders gern als Abschluss der Vesper und der Komplet gesungen wurde. Die mittlere Lesung verwendet einen in der Handschrift notierten Lesungstext, der auf einem dem Fest angemessenen Lektionston gesungen wird. Zwei der Lesungen sind mehrstimmig, eine drei- und eine zweistimmig. Sie stammen aus der Handschrift Innsbruck, Universitätsbibliothek 457 aus dem 14. Jh., welche ebenfalls Hufnagelnotation verwendet, und stellen eine Anreicherung des Programms dar. Um die Ohren zu weiten, wird die musikalische Darbietung von zwei dreistimmigen Gesängen des 13. Jh. aus einer berühmten Handschrift mit Repertoire aus Notre-Dame de Paris eingerahmt, jenem Ort, an dem im 13. Jh. die Mehrstimmigkeit auf bis dato un-erhörte Weise erweitert wurde: in die Drei- und Vierstimmigkeit. Der erste ist ein Conductus (Geleitgesang) auf die Gottesmutter Maria „Ave maris stella“. Der zweite (am Schluss) ist ein „Benedicamus Domino“. Es dient im römischen Ritus der Entlassung nicht nur in der Messe, sondern auch beim Stundengebet.